My Snare Drum gently weeps ( WDR 2017) - MATTHIAS KAUL composer / performer

MATTHIAS KAUL
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Compositions > 0rdered by dates > Hörspiele / radio plays (in German):
„… my Snare Drum gently weeps“
Von allen Schlaginstrumenten hat die Snare Drum das gnadenloseste Trommelfell.  Es „hört“ jede kleinste Disbalance in der Technik  des Spielers, feinste Unregelmäßigkeiten und, und,…daher übt jeder Schlagzeuger Zeit seines Lebens im Idealfall täglich ein bis 2 Stunden an dieser Trommel. (Ich selbst praktiziere das mittlerweile seit über 50 Jahren). Störfaktor kann bei den technischen Etüden allein die Sensibilität der Schnarrsaiten sein, die äußerst fein auf jede sympathisierende Resonanz reagieren. Andererseits können die Snaresaiten dem Klang einen gewissen „Biss“ verleihen. Da es den Spielern eher um zähnefletschende Rhythmen geht, wird die Snare Drum meist sehr stark gedämpft, das Fell abgeklebt und folgende Gleichung scheint zu gelten: je weniger Empathie desto mehr Aggression.
In meinem Stück nun, einem Versuch die Snare Drum zu entmilitarisieren , ist das Instrument von allen Sordini befreit und kann hellhörig auf alle Klänge, die im Raum entstehen, sympathisierend fein reagieren. Somit spielen die Resonanzen von in der Distanz gespielten Klängen eine Rolle. Es gibt auch Passagen, in denen Instrumente auf das Trommelfell gelegt werden und durch die Resonanz eine Klangerweiterung erfahren. Als Snare Drum Spieler interessierten mich in dieser Arbeit (außer in der Exposition) spezielle Schlägeltechniken,  um die rhetorischen und gesanglichen Möglichkeiten des Instruments auszuloten und zu erweitern.
Als sympathisierende Resonanzen in der Trommel tauchen im Verlauf des Stückes auch die Stimmen von Hannah Arendt über die „Gleichschaltung“ im Dritten Reich sprechend (zitiert aus einem Interview mit Günter Gaus),von James Baldwin über den moralischen Bankrott der Gesellschaft sinnierend,(zitiert aus einem Interview mit Mavis Nicholson)   und von Alfred Cortot referierend über Schuhmanns Kinderszenen, (zitiert aus  einer Masterclass), auf. Das präzis Gesprochene geht natürlich  in den Resonanzen verloren, aber wann beginnt das Verstehen, das Verstehenwollen? Meiner Meinung nach in dem Moment der ersten in uns entstehenden Resonanz. Henri Michaux,  eher ein Erkenntnistheoretiker als Surrealist, beschreibt, was dann passiert, so:“ … gedanklich schmiege ich mich wie man so sagt, den Umrissen an.
(Matthias Kaul)
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